Berichte von 03/2006

Leonardo Stipendium bewilligt!

09März2006

Ich hatte heute folgende e-mail in meinem Postfach:

"Sehr geehrter Herr Nehls,

wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Ihre Bewerbung für ein Stipendium im Rahmen des EU Programms Leonardo da Vinci die nächste Stufe des Auswahlverfahrens erreicht hat. Das Set 1 Ihrer Bewerbungsunterlagen erfüllt die formalen und inhaltlichen Auswahlkriterien. [...]"

Damit geht das Abenteuer Ausland hoffentlich in eine nächste Runde. Jetzt muss ich nur noch einen Praktikumsplatz finden.

Hausarbeiten und Parties

14März2006

Unser Final Project in "Intelligent Multimedia Systems" zwingt mich zu mehreren Nachtschichten. Ich hab kaum Zeit für andere Dinge und bin in Gedanken auch schon in Kiruna. Im Pudas werden trotz alledem aber immer noch viele Feste gefeiert.

Party im Pudas mit den Leuten vom Korridor

Reise nach Kiruna

21März2006

Die Standard-Reise eines jeden Austauschstudenten in Schweden ist ein Besuch in Kiruna. Kiruna ist eigentlich nur eine industrielle Kleinstadt an der E10 zwischen Narvik und Luleå, aber der Gedanke an Polarlichter und Eishotel sowie das Gefühl, knapp 200 km über dem Nordpolarkreis zu sein, ist einfach zu verlockend. Und obwohl die Stadt nur 25000 Einwohner hat, hat sie doch einen ganz besonderen Charme.

Unsere Reisegruppe bestand ursprünglich aus 8 Studenten: Masa und Carolina aus Slowenien, Inaki und Jorge aus Spanien, Chiara und Yuri aus Italien sowie Peter aus Österreich und meine Wenigkeit aus Deutschland. Letztendlich haben sich aber noch Alinda und Tessa aus den Niederlanden dazu entschlossen, auch nach Kiruna zu fahren (oder besser: zu fliegen).

Tag 1 Aufbruch

Pünktlich um 8.00 Uhr ging unsere Reisegruppe hochmotiviert in die 26 (!) stündige Anreise nach Kiruna. Wir hatten kurz darüber nachgedacht, dass wir in der gleichen Zeit auch nach Australien fliegen könnten, da ging die Fahrt mit dem "Svenska Buss" auch schon los. Übrigens eine sehr komfortable Reisemöglichkeit, die Busse sind super modern und dank schwedischen Straßenverhältnissen auch super pünktlich. So sind wir gegen 14.00 Uhr in Stockholm Cityterminalen (der zentrale Bahnhof für Bus und Bahn) eingelaufen.

Zwischenstopp in Stockholm

Dadurch, dass unser Zug nach Kiruna erst um 18.00 Uhr abfuhr, hatten wir noch ein paar Stunden Zeit durch Stockholm zu ziehen. Da ich schon mal da war, war es nicht mehr so ein Highlight, aber wenigstens hat man die Zeit tot geschlagen. Um 18.00 Uhr konnten wir dann unsere Kabinen im Nachtzug einnehmen und bewegten uns endlich weiter in Richtung Norden.

Da wir 8 Leute waren, hatten wir zuerst das Problem, dass wir eine 6er Kabine für uns alleine hatten und die andere Kabine mit 2 Leuten besetzt werden mussten. Unglücklicherweise befand sich diese Kabinen aber 3 Wagen auseinander, aber dank der netten Schaffnerin durften wir in die leere Nachbarkabine einziehen, womit unsere Gruppe auch nicht mehr so getrennt war. Nach einigen Runden Ligretto sind wir dann alle in unsere Kojen gefallen. Auch mit gutem Gewissen, dass uns am nächsten Morgen nach 17 Stunden und fast 1000 Kilometern eine etwas andere Seite von Schweden erwartet.

Tag 2 Ankunft und erste Highlights

Erstaunlich ausgeschlafen sprangen wir gegen 10 aus den Betten, haben uns schnell noch ein paar Stullen reingeholfen, und sind dann auch schon kurz vor 11 in Kiruna bei perfektem Wetter (nur -5 Grad und keine Wolken am Himmel) in Kiruna eingelaufen. Uns erwarteten sehr eindrucksvolle Berge, die unübersehbar von Menschenhand bearbeitet wurden. Durch das gute Wetter keimte auch ein wenig Hoffnung auf, dass wir heute Abend noch Polarlichter zu sehen bekommen. Das ist vor uns nur einer Studentenexpedition gelungen, weil das Wetter jedes mal zu bewölkt war.

Ankunft am Bahnhof von Kiruna Berg in Kiruna

Der Fußweg zu unseren Hütten war ziemlich beschwerlich, Kiruna ist sehr bergig und wir wussten auch nicht genau, wo wir lang mussten. Es hat aber doch noch irgendwie geklappt, so dass wir unsere Taschen abladen konnten und erstmal die Stadt erkundschafteten. Den ersten Eindrücken nach ist die Stadt nicht wirklich groß, es gibt einen zentralen Markt mit Ica und Touristeninformation (die geschlossen war!) und ein paar Fast Food Restaurants. Die Preise im Ica waren aber leicht teurer als in Växjö.

Harte Kerle unter sich

Gegen 18 Uhr startete dann unsere Dog Sled Tour, so haben wir uns noch schnell Pasta reingehaun, bevor uns unser finnischer Hundeschlittenführer mit einem alten T2 (bei dem die Seitentür nur mit brutaler Gewalt auf ging) abgeholt hat. Nach 10 Minuten Fahrt haben wir den Hof mit den ganzen Hunden erreicht. Noch bevor wir die Tiere überhaupt gesehen haben, haben wir sie schon gerochen. Man hatte uns beim Anschnallen der Hunde voll mit eingespannt, so dass sich die Tiere auch etwas an uns gewöhnen konnten. Schnell haben wir gemerkt, dass dies keine Schoßhündchen sind, die hatten noch Wolfsblut in den Adern und sind sich oft angefallen. Die Betreiber stellten uns noch Thermoanzüge bereit und dann konnte es auch schon los gehen. Ich war auf einem Schlitten mit einem Aussteiger aus Berlin, der mir erklären wollte, Altenpfleger in Kiruna ist seine Berufung.

Sei es drum, eines unser Ziele für diesen Abend war es auch Polarlichter zu sehen. Und schon nach 10 Minuten Schlittenfahrt konnten man am Himmel schwache weiße Streifen erkennen. Nach etwa 15 Minuten sind wir in einem Tippie angekommen, wo wir uns erstmal mit einem Lagerfeuer Kaffee und Würste warmgemacht haben. Draußen hat immer einer aufgepaßt, wie es mit den Polarlichtern steht. Und tatsächlich, nach ein paar Minuten wandelte sich der schwache Weiße Streifen in einem immer stärker werdenden grünen Streifen. Wir waren überglücklich und kamen aus dem Staunen nicht mehr raus. Unglücklicherweise hat meine Kamera was gegen Kälte, so dass ich nur ein mikriges Foto davon machen konnte. Nach ein paar Minuten war dieser Streifen aber auch schon wieder ziemlich schwach geworden, so dass man kaum noch was erkennen konnte. Mit diesem Glücksgefühl und einigen Würstchen später ging es dann auch schon wieder zurück zum Basiscamp. Die Hunde waren jetzt auch etwas "entspannter", wahrscheinlich weil sie uns einen ziemlich anstrengenden Berg hochziehen durften.

Gut eingepackt für die Hundeschlitten-Tour 

Mit diesen unglaublichen Erlebnissen in der unberührten Natur hatte sich die Reise schon zu diesem Zeitpunkt gelohnt. Der Finne hat uns wieder nach Hause gefahren und wir sind frühzeitig ins Bett gegangen, oder besser gefallen.

Tag 3 Eisenmiene, Eisskulpturen und mehr Polarlichter

Heute stand der Besuch der Mine von Kiruna auf dem Programm. Leider hatte ich den Wecker falsch gestellt, so dass wir eine Stunde zu früh aufgeweckt wurden. Trotzdem schafften wir es nur mit einiger Verspätung zum Marktplatz, wo schon der Bus für die Eisenmine auf uns wartete. Wir waren sehr überrascht, als der Busfahrer plötzlich meinte, wir fahren mit dem Bus in die Stollen rein.

Kurzerhand später sind wir auch schon in den Berg reingefahren, von außen sah es so aus wie ein normaler Straßentunnel. Der Tour Guide pumpte uns mit vielen Informationen zu (leider manchmal zu schnell), aber ich konnte noch raushören, dass wir mit dem Bus auf ca. 500 Meter Tiefe zu einer Austellung fahren würden. Dort angekommen, durften wir uns zunächst alle Helme aufsetzen - schwedische Sicherheitsbestimmung. Der Guide erklärte uns so viele Dinge, ich konnte mir gar nicht alles merken. Aber sicher ist, dass in Kiruna die von den Ausmaßen größte Eisenmine der Welt ist (über 400 km Straßen). Schon seit über 100 Jahren wird hier Eisen abgebaut und es soll von sehr hoher Güte sein. Und das ganze soll so rentabel sein, dass bis 2050 ganz Kiruna verschwunden sein soll und ein paar Kilometer weiter wieder aufgebaut wird. Wir haben uns im unterirdischen Kino noch nen Informationsfilm angeschaut, der für meinen Geschmack alles zu blumig dargestellt hat. Nach nem Kaffee und Keksen in der unterirdischen Cafeteria sind wir mit dem Bus auch schon wieder Richtung Tageslicht gefahren, alles in allem sehr beeindruckend.

Anschließend haben wir noch die Eisskulpturen in Kiruna besichtigt und haufenweise Bilder gemacht, bevor wir beim O'Learys noch ein paar Bier getrunken haben. Am Abend sind wir guter Dinge nochmal rausgegangen, um Polarlichter zu sehen. Und tatsächlich, wir mussten gar nicht weit laufen da haben wir schon die Streifen am Himmel gesehen. Und das obwohl Kiruna ziemlich stark beleuchtet ist. Am liebsten hätten wir die ganze Nacht draußen gestanden und gestaunt, aber nach 20 Minuten waren wir so durchgefroren, dass wir aufhören mussten.

Polarlichter über Kiruna 

Tag 4 Eishotel und Abschied nehmen

Unser letzter Tag in Kiruna und für diesen Tag haben wir uns die wohl größte Touristenattraktion im Umkreis von 500 Kilometern angeschaut: Das Eishotel in Jukkasjärvi! Ein normaler Linienbus brachte uns am Morgen in das eher unscheinbare Dorf ca. 20 Kilometer von Kiruna. Wie riesengroße Iglus empfing uns das Hotel und wir entschieden uns spontan für eine geführte Tour (im Nachhinein leider nicht die 10 EUR wert). Da die Tour erst später anfing, konnten wir noch ein wenig durch die Gegend ziehen. So haben wir herausgefunden, wo das Eishotel sein ganzes Eis her bekommt. Im Fluss Torne befindet sich ein abgesteckter Bereich, wo schwere Maschinen das Eis in Kühlschrank großen Blöcken "ernten".

Gruppenfoto auf dem Torne

Jedes Jahr aufs neue wird ein komplett neues Eishotel samt Kirche und Eisbar aufgebaut, das ganze schon seit 16 Jahren. Damit ist das Eishotel in Jukkasjärvi das erste seiner Art und das oft kopierte Original. Die 20 minütige Führung war ziemlich umsonst, da man sich die Zimmer auch so hätte anschauen können und die Informationen auch in den Broschüren standen. Egal, wir haben natürlich jedes einzelne Zimmer besucht und haufenweise Bilder geschossen. Interessanterweise waren in keinem Zimmer private Utensilien der Gäste zu finden, obwohl das Haus mit knapp 100 Leuten sehr gut besucht war. Der Grund ist, dass die Leute ihre Sachen in einem warmen Lagerraum aufbewahren. Sie hatten aber spezielle Thermoanzüge, um die Nacht zu überstehen, wobei die Temperatur drinnen nie unter -5 Grad sinkt. Die Preise für eine Nacht liegen zwischen 300 und 600 EUR, je nach Zimmergröße.

Nach der Besteigung des Abfallhaufens Unsere Reisegruppe auf dem Eishaufen Eishoten in Jukkasjärvi Eisskulpturen beim Eishotel  

Mit dem Gedanken, dass wir wohl nie wieder hier oben hinkommen, sind wir dann Nachmittags Richtung Kiruna aufgebrochen. Nach nem guten Kebab haben wir dann auch schon den Zug um 18.40 in Richtung Stockholm genommen. Müde von den vielen Ausflügen und dem kalten Wetter sind wir früh in unsere Betten gefallen.

Tag 5 Zurück in der Gegenwart

Frühlingshafte Temperaturen erwarteten uns in Stockholm, in der Sonne zeigte das Thermometer gute 10 Grad. Da wir wieder 3 Stunden auf unseren Bus warten mussten, haben wir abermals einen kleinen Stadtrundgang eingelegt ehe es dann um 15.00 Uhr mit dem "Svenska Buss" Richtung Växjö ging. Geschafft, aber sehr glücklich sind wir 21.20 Uhr in Växjö angekommen und freuten uns über eine ordentliche Dusche.

Eine unglaubliche Reise zu einer wirklich unglaublichen Umgebung ging zu Ende. Die Gegend um Kiruna ist "National Geographic" zum Anfassen, man kann es sich nicht vorstellen, wenn man nicht mal da war.

Erkenntnisse: Im Schlafwagen des Nachtzuges kann man tatsächlich schlafen.

Polarlichter kommen recht plötzlich und bewegen sich kaum. Richtig grün sind sie meistens nur für ein paar Minuten.

Selbst am nördlichsten Ende von Europa trifft man Leute aus der Heimat.

Norwegische Fernsehsender übertragen Bundesligaspiele live und umsonst.

Kiruna ist nicht nur eine Bergbau Stadt, sondern auch ein Wissenschaftsstandort. Unweit von Kiruna ist das "Instituet för rymdfysik", also das Institut für Raumphysik mit eigener Raketenbasis. Es gibt dafür auch eine eigene Uni ("Space Campus").

Im Eishoten schlafen tatsächlich Leute.

Überdimensional größe Sonnenbrillen sind zur Zeit sehr angesagt in Stockholm.

Ähnlich wie für Bahnsteige in Deutschland gibt es in Schweden richtige Gates für Busse. Insgesamt ist das Reisen mit dem Svenska Buss sehr angenehm.

Sol (Mexikanisches Bier) und Murphy's (Irisches Bier) schmecken wirklich gut.

Absagen und Prüfung

25März2006

In dieser Woche habe ich vom Leonardo-Büro eine eMail mit potienziellen Firmen für mein Auslandspraktikum bekommen. Zu meiner Überraschung waren meine Wunschländer Spanien und Großbritannien vertreten (u.a. Palma de Mallorca, Barcelona und London).

Eine der Firmen in London habe ich gleich am selben Tag kontaktiert, in der Hoffnung einen Praktikumsplatz zu ergattern. Leider brauchen Sie aber keine Praktikanten in London, nur in ihrer Zentrale in München. Ich war schon etwas enttäuscht, aber ich konnte mich auch nicht mehr darum kümmern da ich mich noch auf die Prüfung in "Data Security" vorbereiten musste.

Diese habe ich am Samstag Vormittag geschrieben und überraschenderweise war die Prüfung machbar. Hab leider nicht genug Zeit gehabt zum Lernen, aber ich werd sehen was am Ende raus kommt. Heute wird die geschriebene Prüfung erstmal mit eine netten Party abgerundet.

Erkenntnisse: Ein Leonardo-Praktikum ist kein Selbstläufer und erfordert viel Initiative.